18 Mai 510 Jahre gibt es Schützen in Boppard
Das Corona-Virus verhindert jedoch jegliche Feierlichkeiten
Die Entstehung der Bopparder Schützen liegt in der Tiefe der Zeit. Aufzeichnungen darüber gibt es wahrscheinlich keine mehr. Die älteste schriftliche Erwähnung, die der Bopparder Bruderschaft vorliegt, reicht bis in das Jahr 1510 zurück, das daher als Gründungsjahr festgehalten wird.
Die Schirmherrschaft über das seltene 500-jährige Jubiläum hatte damals Hubertus Prinz zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg, Hochmeister des Bundes der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften, übernommen.
Inzwischen sind es weitere 10 Jahre geworden. 510 Jahre Schützen in Boppard, ein wahrlich stolzes Alter.
Historiker vermuten sogar, dass die Bopparder Schützen eigentlich schon ein weit älteres Jubiläum hätten feiern können, allerdings ohne sich auf ein bestimmtes Datum festzulegen. Wenn nämlich auch in Boppard, wie in anderen Städten, den Schützen die Bewachung der Stadtmauern oblag, so könnte man gar bis ins 12. Jahrhundert zurückgehen. So wird zum Beispiel im benachbarten St. Goar 1344 eine Armbrustschützen-Kompanie erwähnt. Die älteste vorliegende Urkunde der Bopparder spricht bereits von einer St.-Sebastianus -Schützengilde. Damals regierte Kaiser Maximilian I., der, ebenso wie die Fürsten, seine Macht zu stärken suchte. Auch Boppard, die ehemals Freie Reichsstadt, war Opfer der üblichen Ränkespiele geworden und durch Verpfändung der Freiheit beraubt. Um dem Übermut der Fürsten Einhalt zu gebieten und Übergriffen einfallender fremder Horden begegnen zu können, rekrutierten sich in vielen Städten Schützengilden, die mit großem persönlichen Einsatz zu Werke gingen. In alten Statuten ist nachzulesen, dass sogar regelmäßig exerziert wurde, um dadurch zum Schutz der Bürger besser gewappnet zu sein.
Die Art der Bewaffnung war der damaligen Zeit entsprechend.
Die heutige Uniform der Bopparder Schützengesellschaft entspricht im Wesentlichen nochder Form der St.-Sebastianus-Schützengilde. Es erstaunt immer wieder, wenn man die Mitgliederstatistik von damals liest und mit heutigen Zahlen vergleicht, die St.-Sebastianus-Schützengilde war der größte Verein weit und breit. Man hielt es für eine Ehre und geistlichen Trost, eingeschriebenes Mitglied der Bruderschaft zu sein. Zucht, Ordnung und vor allem überwachte Moral, eingebettet in ein Gefühl der subjektiven Sicherheit, gaben vielen Menschen Zuversicht und gar Zufluchtsort, sowohl geistiger als auch körperlicher Art.
Die Mitglieder kamen nicht nur aus Boppard, das Einzugsgebiet reichte bis Oberwesel über den Hunsrück zur Mosel und auch auf die andere Rheinseite. Später wurden sogar die Ehefrauen automatisch mit in die Gilde aufgenommen. Die Aufzeichnungen der St.-Sebastianus-Schützengilde enden im Jahre 1833, wo ein Joh.Traab, Schiffbauer, als Führer der Bruderschaft genannt wird. Protokolle, öffentliche Auftritte und sonstige Aktivitäten verloren sich oder konnten nicht mehr ausgemacht werden.
Mindestens 510 Jahre gibt es somit in Boppard einen Schützenverein. Bis zum Jahre 1848 war es eine Schützen-Gilde, danach eine Schützengesellschaft. Den Grund der Namensänderung kennt man nicht, vielleicht hatte dies etwas mit der Herkunft oder dem Beruf der Mitglieder zu tun. Über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahrhunderten haben sich Bopparder Bürger aller Stände und Schichten getreu der Devise der Historischen Deutschen Schützenbruderschaften für Glaube, Sitte und Heimat engagiert.
Sie haben damit nicht allein kulturpolitische Akzente gesetzt, sondern gleichermaßen auch einanerkennenswertes gesellschaftspolitisches Engagement bis in ein Jahrhundert hinein sichtbar gemacht, das auf fast allen Gebieten neue Maßstäbe gesetzt hat und uns bis hin in unsere Tage in vielen Bereichen zum Umdenken zwingt.
So betrachtet, reihen sich 510 Jahre Vereinsgeschichte der Bopparder Schützengesellschaft in besonderer Weise in die reiche geschichtliche Vergangenheit der altehrwürdigen Stadt Boppard ein. Das ist eine sehr lange Tradition und beinhaltet eine hohe Verpflichtung. Tradition heißt ja nicht nur, dass man voller Stolz auf das zurück schaut, was man geleistet hat, sondern dass man, hieraus schöpfend, den heutigen Menschen immer wieder neu einbezieht in die Weitergabe gesellschaftlicher und ethischer Werte. Ein solches Engagement ist gerade in unserer gegenwärtigen Zeit notwendig und gefordert. Wir brauchen Frauen und Männer, die nicht nur äußerlich der Schützenbruderschaft angehören, sondern auch entschlossen sind, für die menschliche Würde einzutreten. Es muss ein Anliegen sein, die hohen Werte eines bürgerlichen Miteinanders zu erhalten, zu pflegen und in die junge Generation hineinzutragen.
Der Schütze sollte sich im täglichen Bürgerleben als eine erhaltende und aufbauende Kraft sehen. Bei vielen ehemaligen Mitgliedern blieben Geist und Tradition lebendig. Die politischen Wirren taten vielleicht das ihre dazu, und so war es schließlich nur eine Frage der Zeit, wann der Funke endlich zünden würde.
Im Jahre der wiedererrungenen Bürgerfreiheit war es dann soweit: Am 2. Juni 1848 wurde der Schützenverein wieder gegründet. Es entstand die Bopparder Schützengesellschaft 1510/1848 e.V., vornehmlich von Mitgliedern der damaligen Bürgerwehr (städtische Wachtruppe, entstanden durch Zusammenschluss Bopparder Bürger zum Zwecke der Aufrechterhaltung der Ordnung und der Abwehr von Bedrohungen) ins Leben gerufen. Mit neuer Kraft ging man ans Werk, gab sich im gleichen Jahr eine Satzung (Statuten), die dann am 19. August 1849 festgeschrieben wurde, hielt Schießtage ab und nahm regen Anteil am Leben und der Gesellschaft der Stadt.
1956 wurde durch den Bundesmeister General Wilhelm Steffen, nach welchem der Schützenbezirk Rhein-Hunsrück-Mosel benannt wurde, eine Jungschützenabteilung ins Leben gerufen. Bundesmeister Steffen tat dies mit der Zielsetzung, den Nachwuchs für die Bopparder Schützengesellschaft zu sichern, die Jugendarbeit zu fördern und junge Menschen für die Devise “Glaube, Sitte, Heimat” zu begeistern. Beim Königsball Anfang Januar 1957 in den festlich geschmückten Räumen des Hotels Bellevue wurden die Jungschützen erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt.
Mit Gründung der Jungschützenabteilung, in die man damals mit 15 Jahren eintreten konnte, erlebte die Bopparder Schützengesellschaft einen Strukturwandel im Aufbau der Bruderschaft. Vor dieser Zeit konnte man erst Schütze werden, wenn man in der einen oder anderen Weise den Werdegang seines Lebens bis zur Festigung abgeschlossen hatte. Nun akzeptierten die Schützen junge Menschen, die ihre geistige und berufliche Entwicklung noch vor sich hatten. Im Laufe der Monate hatte man sich in die Bopparder Schützengesellschaft integriert, war fester Bestandteil des Vereinslebens geworden und von dort nicht mehr wegzudenken.
Die ursprünglichen Aufgaben und Pflichten eines Schützenvereins bzw. einer analogen Gilde sind hinlänglich bekannt und brauchen daher nicht nochmals besonders erwähnt zu werden. Interessant und eigentlich auch verständlich ist die Tatsache, dass man damals, in der so genannten wilden und unruhigen Zeit, von Frauen als Mitgliedern der Bopparder Schützengesellschaft nichts finden kann.
Das änderte sich aber später schlagartig, denn dann wurden die Gattinnen eingetretener Schützen automatisch in die Gesellschaft mit aufgenommen. Diese Maßnahme hatte selbstverständlich großen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben im Verein und dessen Umfeld; bestehende Strukturen änderten sich und viele Abläufe wurden umgeprägt. Allerdings durften die Damen nur als nicht uniformierte, inaktive Mitglieder fungieren; der Weg zur Gleichberechtigung war dann lang und steinig. Erst 1973 war es endlich soweit, eine in sich autonome Damenriege wurde unter dem Dach der Bopparder Schützengesellschaft gegründet, die dadurch ein drittes Standbein erhielt. Neben den Schützen, aktive und inaktive, und den 1956 gegründeten Jungschützen beiderlei Geschlechts kamen schließlich auch die Damen zu ihrem Recht. Die dadurch entstandene neue organisatorische Einheit bildete nun ein harmonisches Ganzes, nämlich die Bopparder Schützengesellschaft 1510/1848 e.V.
Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass die Bopparder Schützengesellschaft ihre Aufgaben voll erfüllt. Es wird im Verein und durch den Verein der gesellschaftlichen Pflicht entsprochen, getreu dem Motto „Glaube, Sitte, Heimat“. Auch aus sportlicher Sicht kann man zufrieden sein, konnte man doch bei Wettkämpfen und Vergleichen sehr gute Ergebnisse erzielen, wobei das gute Abschneiden bei den Bundesmeisterschaften besonders hervorzuheben ist.
Es wird weiterhin gewährleistet, dass auch fortan in der Bopparder Schützengesellschaft der Zeitgeist zwar erkannt, also mit der Zeit gegangen wird, aber Bewährtes doch belassen wird. Die Damen und Herren, die Verantwortung übernommen haben, garantieren der Schützengesellschaft, dass das Erbe der Altvorderen nicht unbedacht verspielt und dass nicht ständig nach unnötiger Innovation gestrebt wird. Es müssen Strukturen bewahrt werden, und man muss kultur- und gesellschaftspolitisch mit Bedacht agieren.
Im Moment jedoch hat man andere Sorgen. Die Pandemie, verursacht durch das Corona-Virus, hat alles fest im Griff. Zur Zeit ruhen alle Aktivitäten der großen Schützenfamilie. Es gibt keine Königsbälle, Schützenfeste, Umzüge oder sportliche Wettkämpfe. Somit auch keine Feierlichkeiten für „510 Jahre Schützen in Boppard“.