
27 Apr. Die Schießplätze der Bopparder Schützen
In den politischen Wirren und Irritationen vor 1848 war es um die St. Sebastianus Schützengilde aus Boppard ruhig geworden. Von 1833 ab verlieren sich die Spuren des bis dahin sehr rührigen Vereins. Man liest nichts mehr von Auftritten, Schießübungen und dergleichen.
Am 2. Juni 1848, also im Jahr der wiedergewonnenen Bürgerfreiheit, erfolgte jedoch die Wiedergründung unter der Bezeichnung “ Bopparder Schützengesellschaft 1510/1848″. Hauptsächlich waren es die Mitglieder der damaligen Bürgerwehr, die einen Neuanfang betrieben. Schon am 14. Juni 1848 wurde der erste Schießtag abgehalten.
Als geeignetes Gelände hatte man das Brudermichelstal auserkoren. Der beste Schütze an diesem Tage war Hubert Andreae, welcher mit 5 Schuß 30 Ringe schoß, für damals eine gute Leistung. Zehn Jahre konnte nun der Schießplatz für alle möglichen Aktivitäten genutzt werden. Marsch- und Wachpostenübungen allerdings fanden auf anderen Plätzen, wie zum Beispiel 1854 unter Hauptmann Dr. Carl Heusner am Mühlbad, statt.
Im Februar 1857 wurde zum erstenmal an Fastnacht ein Schützenball bei Jac. Schuster abgehalten. Am 19. Juni 1857 wurde dann die Wirtschaft auf dem Schießplatz und im Hause Marxburg (ab 11. Juni 1859 „Zur alten Burg“) Herm. Mallmann übertragen. Wegen des Baues der rheinischen Eisenbahn mußten die Schützen ihren Schießplatz 1858 abtreten und bekamen dafür 60 Taler.
Vorübergehend wurde Stangs Garten in der Hohl genutzt, den man allerdings schon 1859 wieder aufgeben mußte, da die Ortspolizei Beanstandungen hatte, die man nicht ausräumen konnte. Am 16. Juli schuf man ein neues Provisorium, man zog ins St. Martinsfeld, das man im Laufe der Jahre schon einmal genutzt hatte, damit der Schießbetrieb nicht unnötig lange unterbrochen sein sollte.
Zum Erwerb und Ausbau des neuen Schießplatzes im St. Martinsfeld wurde eine Kommission gewählt, die den Ankauf eines Grundstückes von Jacob Schuster und eines danebenliegenden von Mathias Josef Müller durchführte, Pläne zum Ausbau des Platzes und eines Hauses in Auftrag gab und sich dann um Geld zur Verwirklichung bemühte. Außer der Verwendung der Kassenüberschüsse wurde das Geld durch Aktien unter gegenseitiger Haftung aller Vereinsmitglieder unter den Mitgliedern selbst aufgebracht.
In den Jahren 1859 bis 1861 wurde der Schießplatz errichtet, am 3. Mai 1861 waren Bauten und Anlagen auf dem neuen Gelände fertiggestellt. Man nutzte die Immobilie nun bis 1869 und hatte durch sie eine feste und ansehnliche Bleibe. Später benannte man sogar den Weg dorthin offiziell als „Schützenstraße“, der Name ist bis heute geblieben.
Das beschaffte Kapital, das nicht durch Aktien gedeckt war, wurde leider 1869 von den Gläubigern zurückgefordert. Die jährlichen Zinszahlungen, die der Verein aus eigener Kasse zu leisten hatte, waren ebefalls kaum noch tragbar. Eine Kommission wurde daher gebildet, die das Gelände einschließlich der Baulichkeiten veräußern sollte. Den Zuschlag erhielt schließlich am 16. April 1869 Josef Stumm für 1.300 preußische Taler mit der Maßgabe, daß die Schützen weiterhin alles unentgeltlich nutzen durften.
Zehn Jahre später, am 19. März 1879, wurde dann die Erweiterung der Schießbahn auf Kosten der Gesellschaft beschlossen, allerdings mit der Auflage, daß die Schützengesellschaft dem Besitzer auch weiterhin bis zum Jahre 1895 keine Nutzungsgebühren zu entrichten habe.
1886 wurde dann fast ein Schicksalsjahr für die Schützen, da durch den Bürgermeister der Stadt Boppard aufgefordert wurde, zur Erhöhung der Sicherheit große Änderungen am Schießplatz vorzunehmen. Der Eigentümer und Wirt weigerte sich dies zu tun, der Verein hatte kein Geld. So ging die Ära „St. Martinsmarkt“ zu Ende.
Die Bopparder Schützengesellschaft 1510/1848 gab den Kampf um ihr Bestehen jedoch nicht auf, man wußte auch hier Rat und schritt postwendend zur Tat. Die Mitglieder zeichneten wieder Schuldscheine (es wurden Aktien per 25 Mark angeboten) und ermöglichten so eine Kapitalbeschaffung zum Zwecke des Erwerbes eines eigenen Geländes. Im Kalmuttal wurden die benötigten Grundstücke gekauft und als Schießplatz mit all seinen Bedürfnissen hergerichtet. Am 17. August 1886 wurde dann der Vertrag für die Verpachtung des Platzes und der Wirtschaft mit dem Mitglied Heinrich Noll abgeschlossen.
Das Vereinsleben blüte jetzt richtig auf, sogar Theateraufführungen wurden im Kalmuttal abgehalten. Zwischenzeitlich wechselte der Pächter; am 1. Oktober 1889 wurde der Schießplatz an Benedikt Fischer verpachtet. Wegen der besonders schönen Lage der Anlage und der Rührigkeit der Verantwortlichen entwickelte sich ein Vereinsleben voller Aktivitäten. Das ganz Besondere an dieser Schießanlage war, dass die Schützen den steilen Hang hoch schießen mußten.
Dies dauerte 42 Jahre lang bis hin zum Jahr 1928. Da der Platz nicht mehr den gestiegenen Anforderungen des Schießsportes entsprach, wurde er an Jakob Nickenig verkauft, dessen Nachfahren heute noch das weithin bekannte Lokal „Zum Schoppenstecher“ betreiben. Es war ein Abschied für immer.
Zwischendurch, vor allem auch nach dem 2. Weltkrieg, stellten Schützenbrüder und auch Gasthäuser, die die Möglichkeiten dafür hatten, bei Bedarf Räume auf privater Basis zum Üben zur Verfügung. Im Schlaningtal, damals „ganz weit draußen“, wurden 1930 Wiesen angepachtet, auf denen man eine gebrauchte Holzhalle errichtete und Schießbahnen anlegte. Das war der Anfang des heutigen Schützengeländes.
Während man zur Zeit 10m, 25m und 50m weit schießen kann, hatte man damals auch 175m- und später 100m-Bahnen. Die Anlage wurde im Laufe der Zeit immer weiter ausgebaut und verbessert. Besonderer Mühen bedurfte es, nach den Kriegswirren alles wieder herzurichten. Dies ist durch den selbstlosen Einsatz der Schützenfamilie bestens gelungen. 1960 konnte die Bopparder Schützengesellschaft 1510/1848 Grund und Boden käuflich erwerben.
Da man nun mit Eigentum planen konnte, standen große Veränderungen ins Haus. Schäden und Reparaturen wurden immer teurer, so daß man sich entschloß, das alte Holzhaus abzureißen und ein neues aus Stein zu bauen. Von nun an wurde ständig verbessert, vergrößert und nach den gesetzlichen Vorschriften sicherer gemacht.
Die Gesellschaft verfügt zur Zeit über 4 Luftgewehr- und Luftpistolenbahnen (indoor), über 5 Faustfeuerwaffenbahnen einschließlich einer Duellanlage für sportliches Schießen und über 4 KK-Gewehr- Bahnen.Die Außenanlagen wurden besucherfreundlicher gestaltet, wobei zusätzlich eine schöne Terrasse im Sommer zum Verweilen einlädt.
Die Bopparder Öffentlichkeit hat den Schützenplatz gut angenommen, was der rege Zuspruch bei Veranstaltungen zum Ausdruck bringt. Hierüber freut sich die Schützenfamilie ganz besonders. Durch ständigen Einsatz der Jungschützen, Schützenschwestern und Schützen wird versucht, das Eigentum zu erhalten, zu verschönern und noch attraktiver zu machen.